In der Löwengrube : ein Theaterstück und sein historischer Hintergrund

Mitterer, Felix, 1998
bibliothek st. martin
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85218-249-0
Verfasser Mitterer, Felix Wikipedia
Schlagworte Nationalsozialismus, Judentum, Judenverfolgung, Theater
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 1998
Umfang 142 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Felix Mitterer
Annotation Tragikomische Bearbeitung eines authentischen Stoffes, wie ein jüdischer Schauspieler als Tiroler Bergbauer die Nazis düpiert.

#B31
In gekonnt souveräner, technisch sicherer Art behandelt Mitterer hier den authentischen Lebenslauf des jüdischen Schauspielers Leo Reuß, der durch die Nazis von den deutschen Bühnen vertrieben wird und als Tiroler Bergbauer Kaspar Brandhofer, ein Urtalent, das es ans Theater drängt, im Josefstadttheater 1936 einen riesigen Erfolg feiert, besonders von nationalsozialistischen Blättern bejubelt, bis dann die Tarnung auffliegt. Wenig später emigriert Reuß. Mitterer, der Wert darauf legt, kein Dokumentarstück geschrieben zu haben, verlegt die Handlung nach Berlin, sodaß die Spannung steigt und Reuß (im Stück Arthur Kirsch) jedesmal buchstäblich um sein Leben spielt. Es kommt sogar zu einem fiktiven Zusammentreffen von Göbbels und Kirsch, alias Benedikt Höllrigl, und die Faszination liegt darin, wie dieser "Tiroler Golem" die Nazis mit ihren eigenen Argumenten schlägt. Das Spiel mit doppeltem Boden (zum Beispiel ein Lob auf die Schönheit und Wahrhaftigkeit des Tiroler Dialekts, der so gefährliche und oft verlogene Wörter wie "Liebe" und "Leidenschaft" nicht kenne - gesprochen von Kirsch, der sich das Tirolerische für diese Rolle erst angelernt hat), Zweideutigkeiten, Verwechslungen und Wiedererkennen führt uns zu Shakespeare, der hier mit seinem "Kaufmann von Venedig" eingesetzt wird, und wenn der Jude Reuß den Monolog Shylocks spricht, daß er auch ein Mensch sein, so gibt Mitterer im Vorwort - die Ausgabe weist neben dem Text selber noch eine Einleitung des Autors auf, seine Anmerkungen zum Schluß und ausgezeichnete Materialien zum historischen Hintergrund - offen zu, daß er von Lubitsch' wunderbarem Film "Sein oder Nichtsein" inspiriert war. Aber "In der Löwengrube" ist nicht nur ein Stück über den Wahnsinn des Nationalsozialismus, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Themen wie Vertrauen, Solidarität, Partnerschaft und Ehe. Wem kann ich trauen? Kann ich hinter die Rolle, die ein Mensch spielt, kommen - zu diesem Menschen selber? Der Balanceakt, diese fürchterliche Problematik der Judenverfolgung als "Verwechslungskomödie" anzugehen, scheint mit gelunden. - Sicher ein großes Mitterer-Stück, sicher ein Buch für einen großen Leserkreis, schon für Jugendliche sehr zu empfehlen.